Geschichte pflegen, gemeinsam mit dem BVB-Fanclub

Frank Claus, Michael Kunitz, Carmen Roselt, Thomas Körlin, Martin Ehring | Quelle: Ute Körlin
Frank Claus beim Freischneiden der Häftlings-Toilettenanlage | Quelle: Thomas Körlin
Carmen Roselt befreit die ehemaligen Toilettenanlage der Frauen vom restlichen wildem Bewuchs | Quelle: Frank Claus

Lions helfen im Lager Mühlberg

Es ist ein wunderschöner Tag. Die Sonne scheint, die zartgrünen Blätter an den Bäumen und Sträuchern zeigen, dass der Frühling Einzug hält. Das Gras, durch das die mehr als 50 Gäste schreiten, ist saftig.
Das Hochkreuz in der Mitte ist ihr Ziel. Es ist 80 Jahre her, dass das Kriegsgefangenenlager Stalag IV B der deutschen Wehrmacht (1939-1945) befreit worden ist. Zehntausende Kriegsgefangene waren während des Zweiten Weltkriegs inhaftiert. Bis Kriegsende kamen etwa 3000 von ihnen ums Leben, davon allein 2350 sowjetische Soldaten. Später wurde es zum sowjetischen Speziallager Nr. 1 (1945-1948). Etwa 22.000 deutsche Zivilgefangene wurden interniert, etwa 6800 haben das Lager nicht überlebt. Weitere Infos finden Sie unter folgendem Link:
https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/recherche/dossiers/sowjetische-speziallager-der-sbzddr/lager-muehlberg

An diesem 23. April, 80 Jahre nach der Befreiung des Kriegsgefangenenlagers, wird vornehmlich Englisch unterm Hochkreuz gesprochen. Mehr als 50 Angehörige aus Großbritannien, den USA, aus Kanada, Neuseeland haben den weiten Weg nach Mühlberg auf sich genommen. Sie wollen dort sein, wo das Leben ihrer Vorfahren qualvoll geendet hat. Sie wollen wissen, wie der Ort aussieht, wo sie ihre letzte Ruhe gefunden haben. Organisiert hat diese Reise die Vereinigung „Friends of Stalag IV B ex PoW Association“. Aber auch auf eigene Faust haben sich Besucher nach Mühlberg aufgemacht – unter anderem aus Polen und Italien. Zuerst ist auf dem Soldatenfriedhof in Neuburxdorf der Toten gedacht worden.

Das Pflegeteam mit Landrat, Bürgermeister, Lions und dem BVB-Fanclub | Quelle: Ute Körlin
ehemalige Häftlinge und Besucher beim Gedenktag im Lager Mühlberg | Quelle: Frank Claus
Manfred Knispel und Michael Piero | Quelle: Frank Claus

Und es sind nicht, wie vielleicht anzunehmen, ausschließlich alte Menschen. Die Besuchergruppe setzt sich aus Frauen und Männern zwischen etwa 40 bis über 80 zusammen. Die Gedenkfeier ist schlicht. Auf große politische Reden wird verzichtet. Pfarrerin Sabrina Pieper spricht das Versöhnungsgebet von Coventry. Kränze werden niedergelegt, zuerst von der Initiativgruppe Lager Mühlberg. Insbesondere ihr Verdienst ist es, dass der Mantel des Schweigens, der über der Lagergeschichte schwebte, nach dem politischen Umbruch weggezogen wurde. Und es ist vor allem der Initiativgruppe, der Gedenkstätte Lager Zeithain und Hannelore Brendel, Mühlbergs ehemaliger Bürgermeisterin, zu verdanken, dass Hinterbliebene in aller Welt noch heute Ansprechpartner zu den Geschehnissen in Mühlberg finden.

Dass die Gedenkstätte top gepflegt ist, ist der Initiativgruppe Lager Mühlberg, dem Heimatverein und vor allem dem BVB-Fanclub Die  Bomätscher zu verdanken. Bereits zum zweiten Mal hat sich der Lions Club Elsterwerda – Bad Liebenwerda dem Arbeitseinsatz angeschlossen, zum ersten Mal in T-Shirts mit dem gestickten Logo der Lions. Mit Heckenscheren, Besen und Spaten haben die Lions die Überreste der ehemaligen großen Lager-Latrine von Geäst, Laub und Unkraut befreit. „Es tut gut, aktiv zu helfen, Geschichte zu bewahren“, sagt Lions-Mitglied Carmen Roselt. Martin Ehring ergänzt: „Und ganz nebenbei erfährt man beim Einsatz noch ganz viel über die einstige Lagergeschichte.“  Thomas Körlin: „Ich denke, eine Führung durch das Lager sollten wir in unseren nächsten Jahresplan aufnehmen.“